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„Raus aus der NATO“ – UZ-Pressefest Juli 2016

Vortrags- und Diskussionsveranstaltung mit Klaus Hartmann beim UZ-Pressefest in Dortmund am  3. Juli 2016. Auszüge von wichtigen Passagen zu folgenden Themen-Komplexen (Überschriften hinzugefügt) : Trotz wachsender Kriegsgefahr besteht in der Friedensbewegung kein ausreichendes  Bewusstsein vom Ernst der Lage (ab 5:40): „….sonst würden sich im Hinblick auf die Bündnisstrategie und die Notwendigkeit der Zusammenarbeit unterschiedlicher Kräfte […]

Vortrags- und Diskussionsveranstaltung mit Klaus Hartmann beim UZ-Pressefest in Dortmund am  3. Juli 2016.

Auszüge von wichtigen Passagen zu folgenden Themen-Komplexen (Überschriften hinzugefügt) :

Trotz wachsender Kriegsgefahr besteht in der Friedensbewegung kein ausreichendes  Bewusstsein vom Ernst der Lage

(ab 5:40): „….sonst würden sich im Hinblick auf die Bündnisstrategie und die Notwendigkeit der Zusammenarbeit unterschiedlicher Kräfte möglicherweise andere Schlüsse ergeben, als wir sie in der aktuellen Zerfaserung der Friedenskräfte erkennen können. Von daher vermute ich, dass der Ernst der Situation nicht allen in vollem Maße bewusst ist, oder dass warnende Stimmen zwar zur Kenntnis genommen werden, ihnen auch nicht widersprochen wird, aber andererseits dies doch als eine Form von….etwas übertriebenem Alarmismus betrachtet wird.“

Russland im Visier westlicher Militärpolitik und Propaganda

(ab 6:51)Die aktuellen Kriegsschauplätze befinden „sich allesamt in einem großen Bogen um Russland herum….der Hauptfeind – und da muss man außer Russland auch China nennen – ist fest im Blick, und alle kriegerischen Ereignisse, alle Aufmarschgebiete, alle Manöver konzentrieren sich exakt in diesem Bogen“

(ab 10:30) Der NATO-Oberbefehlshaber Caparotti meinte „man müsse Putin in die Schranken weisen……..Die von der Leyen hat es sofort kapiert, wie es gemeint war. Sie hat Russland aufgefordert, seine Truppen zurückzuziehen. Ja, auf dem eigenen Territorium, von den eigenen Grenzen weg, während die NATO in ihren Manövern bis auf 300 Meter mit eigenen Truppen im letzten Herbst an die russische Grenze herangefahren ist. Daran wird deutlich: Entweder sind sie total irre oder sie sind so verbrecherisch wie ich es befürchte. „

Was ist von einer antifaschistischen Bewegung zu halten,

(ab 14:10) „die viele notwendige Forderungen unterstreicht und vertritt, aber das Hauptproblem weder sieht noch beim Namen nennt, dass in Europa die Wertegemeinschaft NATO, einschließlich der deutschen Bundesregierung ….. offiziell mit Faschisten an der Macht in der Ukraine zusammenarbeitet und Waffenhilfe leistet für deren Krieg gegen die eigene Bevölkerung“?

Verwirrspiel um die NATO-Austrittsforderung

(ab 15:50) „ausgerechnet die ‚junge Welt‘ (hat) gestern einem stellvertretenden Vorsitzenden der Partei Die Linke [Tobias Plüger] die Gelegenheit eingeräumt…, um…Gift zu verspritzen und spalterische Bemerkungen zu vertiefen, und die beziehen sich auf den Popanz: Geht es gegen den US-Imperialismus oder geht es gegen den deutschen Imperialismus…. Der Hintergrund ist, dass vor knapp einem Jahr der Freidenker-Verband und der Bundesverband der Arbeiterfotografie  diesen Aufruf „Sagt: NEIN – ächtet Angriffskrieg – bannt die Weltkriegsgefahr“ unter die Bevölkerung gebracht haben [mit den Forderungen] : NATO-Vertrag kündigen, den Vertrag über den Aufenthalt ausländischer Streitkräfte kündigen,…mit Russland kooperieren , eine andere grundsätzlich friedliche Außenpolitik gestalten und die Unterwerfung unter die supranationalen Instanzen des Finanzkapitals beenden.“

Auflösung der NATO“ ist eine irreführende Formel

(ab 20:10)  Bekanntlich hat „Gregor Gysi….gegenüber dem US-Botschafter in Berlin deutlich gemacht, …..er müsse sich doch bitte keine Sorgen machen,…. er wisse doch, dass die NATO eines einstimmigen Beschlusses bedürfe und dass die USA doch sicher niemals zustimmen werden, und insofern die Forderung nach Auflösung der NATO völlig gefahrlos sei für die USA, für die NATO.“.

Der NATO-Austritt ist die einzige Möglichkeit, die NATO zu schwächen

„und das Schöne ist, nicht nur in Deutschland, auch in Italien, auch in Frankreich gibt es solche Initiativen für den einseitigen Austritt. Von daher gehen wir hier keinen nationalen Sonderweg, wie einige uns möglicherweise wieder in die Schuhe schieben  wollen sondern wir befinden uns hier in einer internationalistische Kampagne und die ist Ausdruck internationaler Solidarität der Friedensfreunde auf möglichst weltweiter Ebene.“

Das „Aegis“-System verschärft die Kriegsgefahr

(ab 21:13) „das bereits auf vier Kriegsschiffen stationiert ist…in der Ostsee, im Schwarzen Meer und im Mittelmeer…seit Ende Mai/Anfang Juni  ist das erste landgestützte Aegis-System in Betrieb gegangen in Bulgarien. Ein weiteres ist im Bau …in Polen. ….warum ist das ein Gehirnwäschebegriff mit dem Raketenabwehrschild?  Weil es sich um Abschussrampen für alle denkbaren ballistischen Raketen handelt. Das können Anti-Missile-Raketen sein, also solche, die anfliegende Raketen abschießen. Aber es können natürlich auch Erstschlagraketen sein, die man zu offensiven Zwecken einsetzt. Beide Varianten sind übrigens gleich problematisch. Sie Verkürzen die Vorwarnzeiten. Verkürzte Vorwarnzeiten bedeuten extrem verkürzte Lebenszeit, nein extrem verschärfte Kriegsgefahr….. Unbemerkt, nicht thematisiert, wird uns die neue Errungenschaft untergeschoben. Keiner steht auf, keiner merkt das. Und von daher gibt es hier einen Grund mehr, warum wir hier tätig werden müssen.

Gegen die NATO gerichtete Aktivitäten sind weder „anti-amerikanisch“, noch nehmen sie den deutschen Imperialismus  “in Schutz“

(ab 27:35)  Das ergibt sich schon aus folgenden Überlegungen:

1. „Ist vorstellbar, dass die deutsche Bundesregierung, die ja ohne Zweifel Interessenvertreterin des deutschen Großkapitals ist, aus freien Stücken darauf drängt, aus der NATO auszutreten und nur von anderen daran gehindert wird?“

2.„Habt Ihr Euch bei der aktuellen Frage der Manöver mit der so genannten ständigen Eingreiftruppe und mit den vier NATO-Bataillonen à 1000 Mann im Baltikum und in Polen schon mal vor Augen geführt, mit welchen Kommentaren die Kriegsministerin von der Leychen das begleitet hat. Deutschland will eine globale Führungsrolle, heißt es da. Und dann ist unsere Forderung „Deutschland raus aus der NATO“ nicht gegen den deutschen Imperialismus gerichtet? Was ein Wahnsinn.“

3. „Auf welchem Wege gibt es für Deutsche eine ….Mitverfügungsgewalt über Atomwaffen zu erreichen? Nur durch die Mitgliedschaft in der NATO ist das möglich. Und dann richtet sich das „Raus aus der NATO“ angeblich nicht gegen den deutschen Imperialismus? Also sind die Herrschaften, die uns das vorhalten, äußerst denkfaul oder ….ja  gut, meine Phantasie reicht jetzt nicht weit genug an dieser Stelle.“

Völlige Überreinstimmung mit dem USA-Friedensrat

(ab 30:30) der in einem Offenen Brief an die Friedens- und Antiatombewegung feststellt: manche ‚kritisieren beide Seiten gleichermaßen für die Erhöhung der Spannungen. Dies entspricht aus unserer Sicht einer passiven, ahistorischen und vor allem ineffektiven Reaktion. Etwas, was die Dringlichkeit der bestehenden Bedrohung ignoriert. Darüber hinaus werden durch die gleichmäßige Schuldzuweisung die wahren Ursachen verschleiert.‘ „Das ist genau das, was wir – der Freidenker-Verband in diesem Falle – seit Jahr und Tag in unseren Stellungnahmen hervorheben. Es kann in dieser Situation nichts Gefährlicheres geben als eine Position des gleichen Abstands zwischen dem Aggressor in der Ukraine einerseits und Russlands andererseits. Denn die ganze NATO-psychologische Kriegsvorbereitungspropaganda bleibt damit unwidersprochen und wirksam für die Köpfe der Öffentlichkeit stehen. Und von daher muss klar unterschieden werden, wer ist Aggressor und wer ist Angegriffener und wer seine fünf Sinne noch beisammen hat, dem fällt die Unterscheidung grundsätzlich nicht schwer….Wir sind also in völliger Übereinstimmung mit unseren US-amerikanischen Freunden, wenn wir die Kampagne ‚Raus aus der NATO – NATO raus‘ in Deutschland betreiben.“

In Russland sind die Produktionsmittel zu 65 % in staatlicher Hand, die Rüstungsproduktion zu 100 % Prozent.

„Privatprofite aus Rüstungsgütern sind dort aus diesem Grunde nicht möglich. Sie sind das, was sie eigentlich vom Grunde her überall sind, eine Last, eine Belastung des Staatshaushalts. Sie reduzieren die Möglichkeit, für die Ausgaben für Gesundheit und für sonstige Belange der Bevölkerung ..…. insofern besteht das russische Interesse, solange diese Eigentumsverhältnisse sind, wie sie sind, daran, diese Position so niedrig wie möglich zu halten. Von daher sind alle Phantasien, die auch bei westlichen Linken herumgeistern und in die Richtung gehen ‚genauso imperialistisch wie‘ natürlich zwar schön dahingeplappert aber von keinerlei Sachkenntnis getrübt.“

Die NATO muss auch als eine terroristische Vereinigung gebrandmarkt werden

Diskussionsbeitrag von Elias Davidsson (bis 46:02): „Die Terrorismus-Definition der Europäischen Union stimmt absolut in Bezug auf die NATO.“ Die NATO hat „im kalten Krieg in Belgien und Italien terroristische Organisationen organisiert… unter dem Namen Gladio. Das ist dokumentiert und bekannt.“  „ Das ist nicht das einzige: Angriffskriege sind Terroroperationen gegen die Bevölkerung.“

Die NATO desavouiert ihren eigenen Gründungsvertrag – NATO-Mitgliedschaft und missachtet das Grundgesetz

Die NATO unterscheidet heute „zwischen den Zwecken des NATO-Vertrages…und anderen Aktionen, die nicht durch diese Gründungsurkunde gedeckt sind. Das heißt, sie stellt….mit eigenen Worten in ihrem Beschluss [von 1999] fest, dass sie, man kann entweder sagen, über diesen Vertrag hinausgeht, oder dass sie gegen ihren eigenen Gründungsvertrag verstößt. Egal ob man diesen Worten, die da im Gründungsvertrag standen, Glauben schenken mag oder nicht. Aber die Worte, die darin standen, definieren die NATO als ein reines Verteidigungsbündnis von ausschließlich defensivem Charakter. Und jetzt haben wir ein Bundesverfassungsgerichtsurteil aus den letzten Jahren…. darin hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich diesen defensiven Charakter der NATO beschrieben, festgeschrieben, aber auch noch darüber hinaus festgestellt, dass offensive Aktivitäten in diesem Rahmen durch die Bundestagszustimmung zum Beitritt zur NATO nicht gedeckt sind. Das ist also eine akute Situation, die uns hier mit einem schwebenden permanenten Verfassungsbruch leben lässt.“

Gegen die Spalter-und Ablenkungsspiele mit Liebknechts Losung von 1916 „Der Hauptfeind steht im eigenen Land“

(ab 1:05:45) „Was am Ende dieses .. Interviews [von Tobias Pflüger, siehe oben] steht, ist: `‘da bin ich Liebknechtianer: »Der Hauptfeind steht im eigenen Land.«“
„Das ist eine Parole, die wir hier ja auch noch einmal hören durften als Zitat von Karl Liebknecht [Diskussionsbeitrag ]. Und insofern wäre schon viel gewonnen, wenn Dietmar Koschmieders Diktum [Diskussionsbeitrag], dass es nichts so Unsinniges gibt, wie der Streit darüber, ob der deutsche oder der US-Imperialismus der gefährlichere ist, ….mal berücksichtigt würde.“

„(Liebknecht hat das 1916) geschrieben unter den Bedingungen, dass der Ausbruch des ersten Weltkrieges nicht verhindert werden konnte, weil die sozialdemokratischen Parteien aller Länder in ihrer Mehrheit Verrat begangen haben gegenüber ihren früheren Friedensschwüren auf diversen internationalen Kongressen, und allesamt Burgfriedenspolitik machten, wie es in Deutschland hieß, und der Kaiser hier stolz keine Parteien mehr kannte sondern nur noch Deutsche. Unter den Bedingungen, dass der Krieg nicht verhindert wurde, dass sogar mit einem gewissen Hurra-Patriotismus auf den Lippen die Arbeiter aller Länder in den Krieg gegen ihre Klassengenossen zogen. In dieser Situation hat der Karl Liebknecht gesagt, der Hauptfeind sind nicht Eure Klassenbrüder auf der anderen Seite der Grenze, sondern der Hauptfeind ist derjenige, für den ihr die Kartoffeln aus dem Feuer holen sollt, für dessen Profite ihr euer Leben geben sollt. Das ist der Sinn von Karl Liebknechts Worten. Es ist nicht der Sinn, zu unterscheiden zwischen einem schlechten oder einem harmloseren Imperialismus, zwischen der Abstufung zwischen imperialistischen Ländern.“

„Wir haben nun einmal ein Kräfteverhältnis in der Welt, wo die USA an der Spitze der ökonomischen Macht und vor allem der militärischen Rüstung stehen. Das bedeutet andererseits nicht, dass die Imperialismen Frankreichs, Großbritannien, ja Deutschlands insbesondere von irgendwelcher harmloserer Natur wären. Ganz im Gegenteil. Ich gebrauche immer das Bild von der Mafia. Da gibt es einen Oberpatron und da gibt es so genannte Unterführer, und die testen natürlich, wie weit sie gegen den Oberen gegen den Stachel löcken können, und wie sie ihren Spielraum erweitern können. Genau das machte der deutsche Imperialismus mit seinem Vorpreschen der Anerkennung der jugoslawischen Teilrepubliken Kroatien und Slowenien Und dann wurde er zurück ins Glied beordert durch den US-Imperialismus, der die Faxen dicke hatte und in Bosnien sagte: Schluss, jetzt übernehmen wir. Und daraus zu machen: der deutsche oder der US-Imperialismus, das ist ein Spalter- und Ablenkungsspiel, das nur dem Gegner dient, das wir nie mitmachen dürfen.“